Das war die EMO 2023, die Messe für Dings, äh … Roboter, und … äh … Automatisierung, Vernetzung in der Fabrik, Nachhaltigkeit in der Produktion und so …

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EMO Hannover 2023

Das war sie also, die EMO in Hannover. Ich habe sie mir genau angesehen. Einen ganzen Tag lang. 1.850 Aussteller, rund 70 Prozent aus dem Ausland, darunter viele aus der Türkei, aus China, den Niederlanden, Italien und aus Polen. 92.000 Fachbesucherinnen und Fachbesucher, rund 30.000 von ihnen kamen aus Asien. Ein intensiver Duft von Pizza und süß-saurem Schweinefleisch durchzog mittags die Hallen. Nicht leicht, die Übersicht zu behalten. Nicht einfach, herausfinden, was der Schwerpunkt dieser Messe war.

 

Digitalisierung, Vernetzung und Nachhaltigkeit

Klar, die großen Trendthemen waren Digitalisierung, Vernetzung, immer wieder KI, Nachhaltigkeit und überall schwenkten Roboter ihre dünnen Ärmchen wild entschlossen herum und griffen nach imaginären Schräubchen und Klötzchen. Aber was ist diese Messe eigentlich? Irgendwo in den Tiefen der Website findet man den selbstgestellten Anspruch der Messeveranstalter die Weltleitmesse der Fertigungsindustrie zu sein.

 

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Die EMO fand nicht statt – jedenfalls nicht in den Leitmedien

Ich war offen gestanden bei meinem Besuch dann aber doch ein wenig enttäuscht. Die Fertigungsindustrie, der Maschinenbau, Industrie 4.0, IoT, das sind doch alles Themen, die für unsere gesamte Gesellschaft, für unsere Wirtschaft, für die internationalen Handelsbeziehungen von so entscheidender Bedeutung sind, dass sich nicht nur die unmittelbar betroffenen Unternehmen damit auseinandersetzen müssen, sondern dass es darum geht, was diese Branche zur Lösung unserer aktuellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme und Herausforderungen beiträgt. Aber in den großen meinungsbildenden Medien fand diese EMO kaum statt. Und die großen Fragen unserer Zeit fanden auf dieser Messe auch nicht statt. Auf der Messe trafen Ingenieure Ingenieure, Ingenieure Einkäufer, Verkäufer Einkäufer, Verkäufer Ingenieure und natürlich Tütenträger Messehostessen. Kurz: die EMO ist eine Order-Messe, nicht weniger, aber leider auch nicht mehr.

 

„One more thing …“

Ich habe verzweifelt nach relevanten Konferenzthemen und Zukunftspodien gesucht und kaum etwas gefunden. Die Aussteller präsentierten durchaus spannende Technologien – aber in aller Regel als Showcases, als konkrete Anwendungen, als Lösungen. Die EMO ist das krasse Gegenteil einer IT-Messe, also etwa der verblichenen CeBIT. Auf der CeBIT diskutierten Unternehmen wie IBM und Microsoft Technologie-Trends auf großen Bühnen auch wenn sie noch lange keine konkreten Produkte zeigen konnten. Und der Bitkom als Branchenverband war nie verlegen seine gesellschaftliche Verantwortung zu behaupten und sich mit Verve ins Getümmel mit Politikern zu stürzen. „Wir lösen mit modernsten Informationstechnologien die aktuellen gesellschaftlichen Probleme bla bla …“ Ich weiß von was ich rede, ich habe da ja jahrelang fleißig mitgespielt und mit nicht geringem Erfolg als interner und externer PR-Manager für Marken wie AltaVista, Compaq, Microsoft, Novell, Oracle und SYSTEMS.

 

DMG MORI – dagegen waren IBM und Microsoft kleine Fische

Auf der EMO bespielte der Branchen-Riese DMG MORI die komplette Halle 2. So groß waren IBM und Microsoft nie in ihrer langen Geschichte. Der Auftritt von DMG MORI war mehr als respektabel. Das war schon eine Ansage. Und die Leute von DMG MORI hatten wirklich zu allen aktuellen Themen etwas zu sagen und vor allem auch zu zeigen! DMG MORI Stand EMO2023 DMG MORI besetzte auch die richtigen und wichtigen Trendthemen. Der Stand war geschickt gebaut: es gab große Meeting-Bereiche und breite Themen-Straßen navigierten die Besucher durch die zentralen Themenfelder „Zukunft“, „Nachhaltigkeit“ und so weiter. Aber es gab keine einzige große öffentliche Bühne. Im „Future District“ gab es zum Thema „Digital Twins“ nur eine kleine Demo-Station mit einer IBM-Lösung. Toll, dass man schon eine konkrete Lösung sehen konnte. Aber was hätte Microsoft hier gezaubert: ein Software-Theater mit einer Diskussionsrunde zu Chancen und Risiken der Digital-Twin-Technologie und man hätte einen Prälaten aus einem Kloster, einen Zukunftsforscher, einen Techno-Blogger und einen Evangelist von Microsoft unter der Diskussionsleitung der Computerwoche eingeladen. Und die Sitzreihen wären rappelvoll gewesen und das ZDF und RTL hätten um die besten Plätze für die Kamera gerangelt. Tatsächlich ist das Thema „Digital Twins“ ein enorm spannendes Thema, das alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens betrifft und kein Unternehmen der Welt könnte durch dieses Thema besser führen, als DMG MORI und keine Messe gäbe ein besseres Podium ab, als die EMO. Ich verstehe schon: DMG MORI, das sind seriöse und nüchterne Ingenieure. Die zeigen was sie können und was sie haben. Die wollen nicht „zaubern“. Das ehrt sie. Aber DMG MORI müsste das Thema ja gar nicht bespielen und sie müssen auch keinen Prälaten einladen. Aber die EMO muss das Thema aufgreifen, wenn sie es ernst meint mit ihrem Anspruch eine Plattform für die Relevanz der Themen ihrer Branche zu bieten. DMG MORI Stand EMO2023

 

Eine Weltleitmesse muss sich der Welt öffnen

Aber da ist die EMO heute noch nicht. Ich glaube, diese Messe befindet sich mitten in einem Transferprozess. Sie ist auf dem richtigen Weg, aber sie ist noch nicht angekommen. Noch ist sie eine klassische Order-Messe. Ihre Einnahmen erzielt sie aus dem Verkauf von Hallenfläche. Die Besucher kommen über verschenkte Eintrittskarten. Das Besucher-Marketing übernehmen die Aussteller. Aber die Besucher werden von Messe zu Messe weniger. Gegenüber Vor-Pandemie-Zeiten hat die Messe 20 Prozent Besucher verloren. Und dieser Aderlass wird weitergehen. Traditionelle B-2-B-Messen verlieren im Marketing-Mix weiter an Boden. Die Hannoveraner wissen das und arbeiten deshalb an einer Neu-Ausrichtung. Sie bauen die digitalen Pre- und Post-Event-Komponenten aus und fördern das Match-Making. Aber sie müssen endlich anfangen auch ihre Marke zu entwickeln und die Grenzen ihrer Branchenkommunikation niederreißen und die Relevanz ihrer Branche für die Gesellschaft begreifen und formulieren. Dies aber erfordert eine Öffnung und Modernisierung der Kommunikationsarbeit. Und – das muss ich jetzt einfach loswerden – da ist es mit der Bereitstellung einer Instagram-Foto-Wand im Mega-Neuschwanstein-Format in einer Halle nicht getan. Hintergrund: Die Messe hat in einer ihrer Hallen eine riesige bunte Foto-Rückwand vorbereitet mit Logo und bunten Bildern und der Aufforderung hier doch ein schönes Foto zu machen. Für Instagram und so. Inhalte wurden aber auf der Rückwand nicht kommuniziert. „Alles so schön bunt hier“. Ich war so schwindlig davon, dass ich glatt vergessen habe das Trumm zu fotografieren.

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