Ist die Gläserne Decke der PR der Boden des Schnapsglases?

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Die Gläserne Decke in der PR

Die Gläserne Decke in der PR

Ein paar ernüchternde Gedanken kurz vor dem Wochenend-Bierchen. Ist die vielbeschworene Gläserne Deckeein Phänomen der Leber? Gerade in der PR gilt ja: Kommunikation ist alles, und dazu muss man die Leute eben treffen. Schon Annette Schavan, damals Bundesministerin für Bildung und Forschung, erkannte bei einer Diskussion zum Thema Frauen und Macht „Netzwerkbildung heißt noch ganz lange zusammen zu sitzen und zu saufen.“

Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, dass manche Karrieren (etwa die des Politikers, aber auch die PR oder der Vertrieb) von der Trinkfestigkeit begünstigt werden. („Diesen Landtag erträgt man nur mit viel Humor oder im Suff.“ – Dieter Salomon, Fraktionsvorsitzender der Grünen im  Landtags von Baden-Württemberg von 200-2002). Im Umkehrschluss: wer nicht saufen kann, kann keine Karriere machen. Das bevorteilt die Männer.

Es sind gerade Studien zur Leistungslücke im Schulalter, die zeigen, warum die Weichen hierfür schon früh gestellt werden. Die schulischen Leistungen von Mädchen liegen seit Jahren vorn, Jungs haben dagegen eine höhere Wahrscheinlichkeit, Alkohol zu trinken. Es soll nicht zynisch gemeint, aber es könnte eine Erklärung für das Phämonen sein, dass in der PR so weit verbreitet ist wie in vielen Branchen: viele Indianerinnen, wenige Indianer-Hauptfrauen. Die Alten Herren der PR sind zumeist genau das: Herren.

Auch der Fehlzeiten-Report 2013 der AOK zementiert diese Vermutung. Männer trinken häufiger und mehr, und das obwohl der Alkoholkonsum positiv mit dem Bildungsabschluss korreliert (anders als das etwa das Rauchen). Interessanterweise ist der Alkohol nicht per se ein Karrierbonus: bei Einstellungsgesprächen reicht schon die Assoziation damit, um Kandidaten als weniger intelligent wirken zu lassen.

Es gibt natürlich genug andere Gründe, die das Fehlen von Frauen in Führungspositionen gut erklären. Kinder sind einer davon (und auch hier spielt der Alkohol wieder eine Rolle: wer schon einmal verkatert die morgengräuliche Betreuung eines Kleinkindes absolviert hat, weiß warum er beim nächsten Mal zu Gunsten des Fläschchens auf die letzte Flasche verzichtet). Während man hier aber langsam ein Umdenken beobachten kann – der Trend zum „Neue Papa“ ist ein zartes Pflänzchen, aber er gibt Anlass zur Hoffnung, dass sich eines Tages Väter und Mütter zu gleichen Teilen um ihre Kinder kümmern – mit allen Karrierenachteilen, die dies mit sich bringt. In Punkto Alkohol aber ist ein Trend hin zum promillelosen Karriereweg nicht abzusehen (sogar Edmund Stoiber stritt ja ab, nur Tee in seinem Maßkrug gehabt zu haben. Sein Nachfolger Beckstein war aus ganz anderem Holz geschnitzt.)

Vielleicht sollte man die Karriere-Pflicht zum Umtrunk mit Kunden und Kollegen auch nicht zu kritisch sehen. Der Alkohol dürfte in seiner Wirkung so alt sein wie die Menschheitsgeschichte, und trotz aller Risiken gehen die allermeisten vernünftig und verantwortungsvoll mit seinem Konsum um. Man kann nur spekulieren, ob dies einer Gesellschaft zum Vorteil gereicht oder nicht. Der britische Humorist etwa schrieb dem deutschen Bier geradezu friedensstiftende Wirkung zu. Allerdings war das 1900, und die Geschichte mag ihn widerlegt haben.

Bei Lichte betrachtet eignet sich die Frage ausgezeichnet zu längeren, tiefgründigen Gesprächen. Die bekanntermaßen am besten bei einem Glas Wein funktionieren (was auch der Kreativität zuträglich ist). Ich bin mir sicher, dass sich das Ergebnis am besten durch den Boden des Glases erkennen lässt – und nicht etwa die Decke.

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