Interviewtipps Teil 2: von Orten, Essen und Sprache

Interviewtipps Teil 2 Foto von Amy Hirschi auf Unsplash

Aufgrund der großen Nachfrage… nein, nicht ganz 😉. Sondern, weil mir Kolleginnen und Kollegen, nicht nur von vibrio, mitgeteilt haben, dass sie auch andere Punkte für erwähnenswert und teilweise unterschätzt halten, wenn es um die Organisation von Interviews zwischen Unternehmensvertretern und Journalisten geht. 25 Tipps habe ich schon im ersten Teil aufgeschrieben, wer sie noch nicht gelesen hat und nochmal lesen möchte, findet sie hier. Nun zu fünf weiteren Interview-Tipps. Es geht um Ton-Mitschnitt, den richtigen Ort, das Besondere auf Messen, um Essen und die Sprache.

Ton-Mitschnitt vermeidet Missverständnisse

Grundsätzlich spricht in einem Interview für beide Seiten nichts dagegen, das Gespräch aufzuzeichnen – die Inhalte sollen ja sowieso öffentlich werden, das ist ja der Grund des Gesprächs. Unternehmensvertreter und Journalisten sollten also froh darüber sein, wenn spätere Missverständnisse über das tatsächlich Gesagte durch ein so einfaches Instrument ausgeschlossen werden können. Heute kann ja jedes Smartphone mehrere Stunden Ton aufzeichnen. Denken Sie allerdings daran, dass eine Aufzeichnung – auch im KI-Zeitalter – kein Ersatz für Notizen und keine Basis für eine Gesprächsführung ist. Die KI bekommt zwar hinterher automatisch ein brauchbares Transkript hin, aber durcharbeiten müssen Sie es im Fall des Falles selbst.

Relikt der Vergangenheit: Diktiergerät
Foto von Shakib Uzzaman auf Unsplash

Der richtige Ort entscheidet über ein konzentriertes Gespräch

Natürlich möchte man Journalistinnen und Journalisten gerne den tollen Messestand zeigen, natürlich haben Sprecher auf Veranstaltungen manchmal keine Zeit für lange Wege, natürlich kostet es ein paar Euro, einen Raum für ein Interview anzumieten, natürlich kann nur noch ein Termin in der Mittagspause frei sein. Es gibt zahlreiche Argumente, warum ein Interview nicht an einem ruhigen Ort, an dem man sich auf das Gespräch konzentrieren kann, stattfinden kann. Meine Erfahrung für eine gutes Interview ist jedoch: je weniger Ablenkung, desto besser. In der Firma sollten Sie einen Besprechungsraum buchen, statt Journalistinnen und Journalisten in ihrem eigenen Büro zu empfangen; dann sind Sie besser konzentriert, weil Sie nicht ständig Ihren PC sehen, das Papier auf dem Schreibtisch und die Kinderbilder an der Wand. Auch die Journalistin oder der Journalist wird dadurch nicht abgelenkt. Wenn Sie keinen abgeschlossenen Raum finden, zum Beispiel in Event-Locations oder Hotel-Lobbies, dann suchen Sie wenigstens einen Tisch abseits vom Trubel und machen Sie gegebenenfalls dem Servicepersonal deutlich, dass Sie während des Gesprächs nicht mehr gestört werden wollen.

Ein karger Besprechungsraum, kann fokussieren.
Foto von Pawel Chu auf Unsplash

Herausforderung für konzentrierte Gespräche: Messe

Messen sind für alle eine Sondersituation. Versuchen Sie trotzdem auf der Messe wenigstens eine Gesprächskabine zu bekommen, noch besser, Sie treffen sich im Pressezentrum, wo sich oft ruhigere Plätze als in den Hallen finden lassen (und Sie nicht durch Kollegen, die die Türe aufreißen „is hier frei?“, abgelenkt werden). Wenn das nicht klappt, sorgen Sie wenigstens dafür, dass am Messestand ein Tisch für Interviewtermine freigehalten wird. Bedenken Sie auch eventuelle Vorträge, die am eigenen Messestand oder bei der Konkurrenz gegenüber per Lautsprecher übertragen werden. So etwas stört die Kommunikation ungemein. Und, die tollen Exponate am Messestand können Sie im Anschluss an das Gespräch immer noch vorführen.

Trubel während der Cocktail-Hour am Messestand von Imprivata auf der DMEA, aber Ruhe für ein konzentriertes Interview wohl kaum. (Foto vom Autor)

Essen während des Interviews nur, wenn es unbedingt sein muss

Grundsätzlich halte ich Essen während eines Interviews für keine gute Idee. Auch hier geht es wieder um die Ablenkung und Defokussierung: entweder eine Story erzählen oder essen. Beides ist schwer zu verbinden. Bei einem Treffen im Restaurant muss die Speisekarte studiert und gewählt werden, ist es ein besseres Lokal, ist bereits zum Aperitif die erste Entscheidung fällig und das kann bis zum Kaffee so weitergehen. Während des Essens hat mindestens immer einer von beiden den Mund voll, meistens der der fragt, den der, der erzählen soll, kommt sowieso nicht zum Essen, weil er ja Fragen beantwortet. Gleichzeitig wird das Gespräch immer durch fremde Themen unterbrochen: Schmeckt das Essen, noch was zu trinken, bitte das Salz, schon den Nachtisch gewählt? Ganz zu schweigen davon, was es bedeutet, wenn man sich die Aufzeichnung des Gesprächs anhören muss. Wenn es unbedingt mit Essen sein muss, habe ich leider keinen Pro-Tipp parat: Essen Sie vor dem Gespräch, besteht die Gefahr, dass während des Essens Themen vorweggenommen werden. Essen Sie nach dem Gespräch, besteht die Gefahr, dass Themen wieder aufgegriffen und vertieft werden, ohne dass der formale Rahmen gegeben ist. Beide Situationen können für ein Interview gefährlich sein, weil man geneigt ist, wenn der „offizielle Teil“ vorbei ist, Fragen und Antworten nicht mehr so ganz ernst zu nehmen. Am besten ist es wohl, beides zu trennen: Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Wenn es unbedingt mit Essen sein soll, hilft vielleicht die räumliche Trennung: Wenn Sie das Gespräch in der Firma führen, gehen Sie aus dem Besprechungsraum in die Kantine oder das Kasino; gehen Sie aus der Hotel-Lobby ins Restaurant. Versuchen Sie, mit Ende des offiziellen Interviews und dem Aufbruch an einen anderen Ort wieder neutrale, persönliche Themen anzustoßen: aktuelles Wetter, letzte Fußballergebnisse, nächster Urlaub, neues Auto, letztes Bahnerlebnis…

Wohl dem, der dabei noch in der Lage ist, eine konzentrierte Frage-Antwort-Runde zu schaffen.
Foto von Sander Dalhuisen auf Unsplash

Alle sollten die gleiche Sprache sprechen

Englisch ist zwar Weltsprache, aber noch lange keine gewohnte Interviewsprache für alle.
Foto von Houcine Ncib auf Unsplash

Arbeiten Sie bei einem weltweit tätigen Unternehmen? Denken Sie daran, dass Englisch zwar in Deutschland in der Grundschule gelehrt wird, aber trotzdem viele nicht Englisch sprechen möchten und verstehen können. Manchmal fehlt es an Übung, manchmal nur an Selbstvertrauen. Oft aber wissen Journalisten, dass sie wichtige und komplexe Zusammenhänge eventuell garniert mit Fachbegriffen, auf Englisch nur schwer verstehen und deshalb Probleme haben, zu folgen.

Um diese für alle unangenehme Situation zu vermeiden, sollten Sie bei der Vereinbarung eines Interviewtermins gleich dazusagen, falls Englisch die Interviewsprache sein soll oder muss. Die Journalistin oder den Journalisten erst kurz vor Beginn des Gesprächs damit zu konfrontieren, dass Englisch gesprochen werden soll, kann für beide Seiten unangenehme Folgen für den Gesprächsverlauf haben. Eine andere Sprache außer Englisch kann nur die jeweilige Landessprache sein, aus dem Land, in dem das Gespräch stattfindet. Wer in Deutschland polnisch, arabisch oder Suaheli sprechen will, muss sich schon sehr, sehr sicher sein, dass sein Interviewpartner die Sprache ebenfalls sehr gut beherrscht (abgesehen davon, dass die PR-Begleitung sich dann damit unter Umständen schwertut).

Das waren sie wieder, die Interview-Tipps. Habe ich mit den nunmehr 30 Tipps schon alle aufgezählt oder fallen euch wieder welche ein, die noch nicht den Weg in meine Liste gefunden haben? Lasst sie mich wissen.

Titelfoto: Foto von Amy Hirschi auf Unsplash

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