Zurück in die Zukunft – New Work nach der Pandemie in Redaktion und Homeoffice

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„Corona war das Brennglas, der Brandbeschleuniger für die Entwicklung hin zum virtuellen Arbeiten und Kommunizieren“ Jutta Rump, Arbeitsforscherin

Nicht nur in Unternehmenskreisen ist die Rückkehr vom Homeoffice nach der Pandemie ins Büro absehbar. Auch zahlreiche Redakteure und Redakteurinnen, Layout-Profis und Anzeigenverantwortliche kehren vielleicht zurück ins Verlagshaus oder haben diesen Schritt bereits hinter sich.

Wir wollen wissen: Was bleibt vom Arbeitsalltag im Homeoffice oder Büro während der Pandemie erhalten? Welche Erkenntnisse nimmt man mit vom Heimarbeitsplatz zum Büro-Schreibtisch? Was hat sich dauerhaft verändert? Dazu haben wir Sylvia Lösel, Chefredakteurin der Fachzeitschrift IT-BUSINESS, und Holger Geißler, Geschäftsführer von consulting.de, dem Informationsportal für Unternehmensberatungen, befragt.

Portraitbild Sylvia Lösel

Sylvia Lösel, Chefredakteurin IT-Business

Portraitbild Holger Geißler

Holger Geißler, Geschäftsführer consulting.de

 

 

 

 

 

 

 

 

Zunächst die grundlegendste Frage, denn nicht jeder konnte oder wollte den Wechsel zum heimischen Arbeitsplatz vollziehen:

Waren Sie während der Pandemie persönlich davon betroffen, vom Arbeitsplatz in der Redaktion ins Homeoffice zu wechseln?

Für Sylvia Lösel war dies nur in einem geringen Maß der Fall: „Da ich auch abteilungsübergreifend vieles organisiere, war ich von Anfang an eigentlich auch immer im Büro. Das Team war viel im Homeoffice, aber einmal die Woche habe ich fast jeden gesehen. Das war für mich ein guter Weg, da ich immer das Gefühl hatte, in Kontakt mit meinen Teamkollegen zu sein und auch als Anlaufstelle immer ansprechbar für jeden war. So war der Informationsfluss ziemlich gut aufrecht zu erhalten. Zudem haben wir uns sehr schnell über Microsoft Teams gut organisiert und diesen Kanal auch für den informellen Austausch genutzt.“

Holger Geißler war dagegen direkt betroffen: „Kurz vor dem ersten Lockdown im März 2020 bis zum heutigen Tag arbeite ich abwechselnd in der Redaktion oder im Homeoffice. Wenn in der Redaktion, dann in der Regel alleine oder mit maximal einem weiteren Kollegen. Allerdings ging unser Wechsel aus dem Büro ins Homeoffice sehr geräuschlos vonstatten. Da unsere redaktionellen Angebote rein digital sind, war die Umstellung vergleichsweise einfach.“

 

Gab es zu Beginn Probleme oder gibt es heute noch schwierige Punkte, die mit dem Wechsel ins Homeoffice zu tun haben?

SL: Nein. Denn wir sind ja in der Redaktion mobiles Arbeiten schon lange gewöhnt. Da wir oft auf Terminen unterwegs sind, gehört auch eine gewisse Arbeitsgrundausstattung dazu. Natürlich hat am Anfang nicht alles gleich reibungslos funktioniert, aber größere Probleme hatten wir keine.

HG: Durch den Wegfall des gemeinsam genutzten Büros ist viel Miteinander und Nebenbei-Kommunikation weggefallen. Dadurch sind zwar keine Probleme entstanden, aber wir mussten mehr kommunizieren, um auf dem gleichen Level der Zusammenarbeit zu bleiben.

 

Haben Sie eigens für das Homeoffice ein Arbeitszimmer einrichten müssen?

SL: Nein, das musste ich nicht.

HG: Ich glücklicherweise auch nicht. Wir haben zuhause ein Arbeitszimmer, in dem meine Frau und ich während der Lockdown-Phasen abwechselnd gearbeitet haben. Allerdings musste ich die Bandbreite unserer Internetverbindung anpassen, da durch das Home-Schooling unserer Kinder zeitweise fünf Personen parallel virtuell arbeiten mussten.

 

Mussten Sie denn Ihr Arbeits-Equipment zuhause aufstocken?

SL: Das war, wie vorhin erwähnt, nicht notwendig.

HG: Ich war davor schon gut im Homeoffice ausgestattet, habe mir aber zu Beginn der Corona-Pandemie ein gutes externes Mikro für virtuelle Meetings und bessere Lichtquellen besorgt. Ansonsten hat vor allem die höhere Bandbreite den Unterschied ausgemacht.

 

Wie haben Sie denn den Arbeitsplatz in der Redaktion verändert, um den Schutzvorgaben bezogen auf Corona gerecht zu werden?

SL: Wir haben für genügend Abstand zwischen den Schreibtischen gesorgt und uns so organisiert, dass nur immer ein Teil des Teams in der Redaktion war. Das hat sehr gut funktioniert

HG: Die größte Veränderung in der Redaktion war, dass wir in der Regel nur noch alleine im Büro gearbeitet haben. Dadurch waren keine räumlichen Umbauten notwendig.

 

War eine Abstimmung mit dem Redaktionsteam uneingeschränkt möglich?

SL: Ja. Wir haben sehr schnell über Teams einen Redaktions-Chat für den informellen Austausch angelegt, der rege genutzt wurde. Und wenn sich Teamkollegen untereinander zu Themen ausgetauscht haben, lief das immer via Teams und mit Kamera. Denn wenn man den anderen sieht, ist das einfach eine zusätzliche Kommunikationsebene. Das hat meiner Meinung nach sehr geholfen.

HG: Ja, problemlos. Allerdings haben wir selten Situationen, wo wir zu mehreren Redakteuren an einem brandeiligen Thema zusammenarbeiten müssen. Sonst wäre das wahrscheinlich schwieriger gewesen.

 

Haben Sie den Wegfall von Live-Messen, Veranstaltungen oder Tagungen eher begrüßt oder fehlte Ihnen ein persönlicher Kontakt zu Unternehmen, Kollegen oder Kunden sehr?

SL: Eine Zeit lang funktioniert das alles ohne Live-Termine und vieles kann man sicherlich auch auf diesem Weg weiterhin abwickeln. Doch ein hundertprozentiger Ersatz für Präsenz-Veranstaltungen und vor allem persönliche Treffen sind virtuelle Veranstaltungen für mich keinesfalls. Ich freue mich sehr über die persönlichen Gespräche, die ja jetzt wieder möglich sind.

HG: Wir führen bereits seit 2017, also lange vor Corona, regelmäßig Web-Seminare für unsere Kunden durch. Als die Krise anfing, haben wir diesen Bereich stark gepusht. Als klar war, dass 2020 Präsenz-Veranstaltungen wegfallen werden, haben wir das Online-Festival „Woche der Marktforschung“ entwickelt, das wir im Oktober 2020 das erste Mal durchgeführt haben. Das hat sich seitdem zu einem wichtigen Produkt für uns entwickelt.

Wir haben immer versucht, die Corona-Krise auch als Chance zu verstehen. Was brauchen unsere Kunden, wenn Events und Tagungen wegfallen? Was können wir Neues anbieten? Das hat sehr gut geklappt, so dass wir 2020 und 2021 in der Summe finanziell sehr erfolgreiche Jahre erlebt haben. Dafür sind wir dankbar.

 

Hat sich Ihrer Meinung nach der Arbeitsmarkt nachhaltig durch die Pandemie verändert? Sind hybride Arbeitsmodelle Ihrer Meinung nach zum Normalfall geworden?

SL: Ich denke, hybride Arbeitsmodelle werden der Normalfall. Und das ist auch gut so. So kann man das Beste aus beiden Welten miteinander verbinden: das konzentrierte Arbeiten von zuhause und das kreative Arbeiten und den Austausch untereinander im Büro.

HG: Ja, der Arbeitsmarkt hat sich sehr verändert. Mitarbeitende haben sich anfangs noch notgedrungen ans Homeoffice gewöhnt, aber schnell die Vorteile für sich entdeckt. Und wir haben als Kölner Verlag mittlerweile Kollegen, die in Bayern, im Sauerland und neuerdings sogar aus Österreich heraus für uns arbeiten.

 

Werden Sie nach Ihrer Rückkehr ins Büro Gewohnheiten aus dem Homeoffice beibehalten?

HG: Wir werden sicherlich nicht in der Art ins Büro wie vor März 2020 zurückkehren. Dafür hätten wir gar nicht mehr den Platz, da wir unsere Büroflächen verkleinert haben. Selbst in den Zeiträumen, wo die Pandemie es zugelassen hätte, wollten die meisten Kollegen nicht die ganze Woche ins Büro kommen. Von daher wird es keine Rückkehr aller Kollegen ins Büro geben. Aber wir werden vielleicht wieder häufiger gemeinsame Workshops in unseren Räumen machen.

 

Im Homeoffice verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit, Privatem, Familie und Kinderbetreuung. Welche Erfahrung haben Sie damit gemacht? Ist diese Entwicklung gut oder sollte man die Bereiche trennen?

SL: Da ich selbst nur an wenigen Tagen in diesen zwei Jahren im Homeoffice war, hatte ich dieses Problem nicht. Ich denke, da muss auch jeder seinen eigenen Weg finden. Wichtig ist, dass man reflektiert, wie es einem mit der Work-Life-Balance geht und welcher Rhythmus einem selbst guttut. Ich habe Kollegen, die arbeiten lieber spät abends, andere fangen früh an. Die einen arbeiten konsequent am Stück, andere machen zwischendurch längere Pausen. Für funktionierende Arbeitsabläufe in der Redaktion ist dabei wichtig, dass die Kommunikation darüber im Team stimmt und dass eben diese Abläufe weiterhin gut funktionieren. Dann ist ein individueller Rhythmus auch absolut machbar.

HG: Die Zeit, in der die Kinder nicht in die Schule konnten und gruseligen Home-Unterricht hatten, brauche ich nicht nochmal. Aber zur Not könnten wir damit leben. Das hat aber damit zu tun, dass wir genügend Platz zuhause haben. Sehr angenehm ist das gemeinsame Mittagessen zuhause gewesen.

 

Möchten Sie eine besonders witzige oder skurrile Homeoffice-Anekdote erzählen?

HG: Als klar war, dass virtuelles Arbeiten der neue Standard für mich wird, habe ich mich mittels YouTube-Videos und Ausprobieren in Teams und Zoom eingearbeitet. Ich habe zum Beispiel meinen 50. Geburtstag 2020 auch deswegen virtuell in Zoom gefeiert, weil ich am nächsten Tag morgens meine erste virtuelle Vorlesung vor Studierenden halten musste. Da wollte ich mich nicht blamieren. Der Geburtstag war ein sehr schönes Fest bis tief in die Nacht mit vielen Freunden aus ganz Deutschland. Der Kater am nächsten Tag fühlte sich definitiv nicht nach einem Online-Event an.

 

Ziehen Sie sich im Homeoffice anders an als für das Büro?

SL: Gar nicht. Ich behalte auch an Homeoffice-Tagen einen Start- und Endpunkt sowie meinen Kleidungsstil bei.

HG: Wenn ich keine Termine im Homeoffice habe, trage ich bequemere Hosen. Sobald aber ein externer Termin remote ansteht, achte ich auf meine Kleidung. Insgesamt trage ich bei der Arbeit viel mehr dunklere Oberteile, weil das remote besser rüberkommt. Und ich verzichte bei der Arbeit mittlerweile auf klein-karierte Hemden.

 

Büro oder Homeoffice – wenn Sie sich entscheiden müssten und es kein hybrid gäbe, welches Modell würden Sie favorisieren?

SL: Ganz klar das Büro. Für mich sind das die kürzeren Wege, gerade wenn man abteilungsübergreifend arbeitet. Zudem ersetzt nichts den persönlichen Austausch im Team und an der Kaffeemaschine.

HG: Ich bin altmodisch an dieser Stelle. Ich mag meinen Weg ins Büro mit dem Fahrrad. Das ist ein Übergang, der mir hilft, meinen Tag zu strukturieren. An Homeoffice-Tagen komme ich häufig kaum vor die Tür. Gerade in den dunklen Monaten fand ich das schwierig.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei den beiden Medien-Profis für das Gespräch und wünschen Ihnen und uns allen eine gute und gesunde Zeit – egal ob im Büro oder im Homeoffice.

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