Spiel es noch einmal, Mann

Klassische Szene: Weihnachten. Christbaum mit Lichtern, vor dem Fenster Schneematsch. Ein Meer von Geschenkpapierkonfetti auf dem Zimmer des famliären Wohnzimmers. Ein empört weinender kleiner Junge. Daneben Papa, der fasziniert mit dessen Modelleisenbahn spielt. Eine genervte Mama daneben. Das Fest der Liebe kann ganz schnell kippen, wenn der männliche Spieltrieb zuschlägt.

Doch keine Sorge. Die Spielzeugfirmen haben diesen Krisenherd erkannt und Macht des Marketings gebannt. Dass Männer nur große Kinder seien wurde schon lange gemunkelt. Dass sie eine Vorliebe für Spielzeug haben wird auf jeder Automesse klar, und dass man mit einem Monatsgehalt größere Sprünge auf dem Steckenpferd machen kann als mit dem Taschengeld ist auch leicht nachvollziehbar.

Die Süddeutsche hat sich dieses Themas jüngst ebenfalls angenommen, und beschreibt in einem Artikel "Warum es OK ist, ein Kindskopf zu sein" die Folgen des Zusammentreffens von Retro-Kult und männlicher Verspieltheit, komplett mit verschiedenen Erklärungs- und Rechtfertigungsansätzen.

Dabei wäre es viel einfacher gewesen, den Spieltrieb argumentativ zu adeln. Denn eine der Grundsätze von Sozialen Netzwerken (digital oder ganz klassisch im Club, am Stammtisch oder dem Verein) ist die Verschmelzung von privaten und beruflichen Interessen. Mit wem man golft, mit dem betreibt man (klischeebehftet) Business. Der freundliche Ingenier aus Bielefeld, mit dem ich das Produkt meines neusten Lego-Star-Wars-Sets im Onlineforum diskutieren, ist vielleicht der Partner beim nächsten Projekt meiner Firma.

Wenn man also unbedingt vor der Ehefrau oder dem eigenen Gewissen eine Ausrede für die 500,–Rechnung von Toys’r’us braucht, dann muss man gar nicht bis zu Nietsche oder Eibl-Eibesfeldt gehen. Spiele sind soziale Ereignisse (siehe Farmville et al.) und bringen die Menschen zusammen – auch wenn sie dafür zuerst stundenlang im Keller Modellbausätze kleben müssen.

Eigentlich überraschend, dass es dafür noch keine App gibt.

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