Kölner Gericht erklärt Blogger zum Journalisten. Das kommt ihm teuer zu stehen.

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Ende letzten Jahres habe ich an dieser Stelle die Frage, ob und unter welchen Bedingungen Blogger als Journalisten zu betrachten seien, bereits einmal aufgegriffen. Damals schrieb ich: „Ein schmaler Grat ist das, auf dem sich Blogger medienrechtlich bewegen … Eine Klärung der juristischen Situation der Blogger ist noch lange nicht in Sicht, weder hierzulande, noch anderswo. Aber brauchen wir wirklich eine klare Definition des Status von Bloggern?“

Nun wird diese Frage vielleicht bald vom Bundesverfassungsgericht beantwortet.

Anlass ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln gegen den Blogger Mike Frison. Dieser hatte im Januar 2011 eine Abmahnung erhalten, weil er in seinem Blog https://www.20832.com/ einen Artikel aus einer lokalen Zeitung mit einer Kritik an einem Nürburgring-Manager veröffentlicht hatte. Gegen diesen Beitrag hatte der kritisierte Manager eine einstweilige Verfügung wegen falscher Tatsachenbehauptungen erwirkt. Nun sollte der Blogger den Beitrag entfernen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichnen. Den Artikel hat er dann gelöscht, die Erklärung mochte er nicht unterschreiben, was im nächsten Schritt zur Zustellung einer einstweiligen Verfügung mit der Androhung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro führte (siehe Hierzu einen Beitrag auf SPIEGEL online vom 8.3.2012).

Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung hat nun das OLG Köln verfügt, dass Mike Frison eine nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben musste. Gleichzeit brummter ihm der Richter aber die Übernahme von rund 10.000 Euro Prozesskosten auf. Frisons Anwälte haben deshalb Verfassungsbeschwerde eingereicht. Der SPIEGEL berichtet:

„Wenn die Karlsruher Richter die Beschwerde annehmen, wird die Posse um das Forum zur Grundsatzfrage. Denn dahinter steht die Problematik, wo die Grenzen zwischen Bloggern und Journalisten liegen. Wer nicht berufsmäßig publiziert, darf sich ohne eigene Prüfung auf Informationen aus Presseberichten verlassen – anders als etwa Journalisten, die von den Landesmediengesetzen zur Sorgfalt verpflichtet werden. Das Landgericht Köln lehnte dieses sogenannte Laienprivileg für Frison noch ab. Begründung: Er ’schafft durch die von ihm betriebene Web-Seite eine auf Dauer angelegte mediale Öffentlichkeit.‘ Als Betreiber des Forums könne er sich daher nicht auf das Laienprivileg berufen, ‚unabhängig davon, ob er sich dieser Tätigkeit hauptberuflich oder in seiner Freizeit widmet.'“

Und so kann es nun sein, dass das BVG darüber entscheidet, wann ein Blogger als Journalist zu betrachtet ist und wann als „Laie“. Vielleicht müssen wir künftig wirklich zwischen Laien-Blogs samt Laienprivileg und Medienblogs, die unter dem Schutz und in der Verantwortung des Presserechts stehen, unterscheiden. In meinem Beitrag vom 12. Dezember 2011 habe ich diese Entwicklung bereits angedeutet:

„Aber brauchen wir wirklich eine klare Definition des Status von Bloggern? Dieser Status kann doch nicht automatisch zur Übernahme spezifischer Presserechte führen. Die besondere Freiheit der Presse ist verknüpft mit nachprüfbaren Qualitätskriterien, denen sich ein Blog jederzeit unterwerfen kann. Das ist auch gut so. Wollte man die oben erwähnte Einzelfallprüfung umgehen, so müsste man zu einer wie auch immer gearteten Zertifizierung von ‚Medien-Blogs‘ kommen.“

 

3 Kommentare
  1. Avatar
    Michael Höppner says:

    Nicht zu vergessen auch die Frage nach dem Quellenschutz (so aufgeweicht er auch sein mag) und der VG Wort, die ein Profi-Blogger zur Kasse bitten könnte, wenn ich nicht irre. Habe es selber noch nicht versucht. Was springt dabei raus? Einmal Essen gehen im Jahr?

  2. Avatar
    stephan says:

    @ MK Danke, guter Hinweis
    @ MH –>VG Wort ist doch von dem Status unabhängig. So kann man doch auch als Hobbyblogger seine Artikel über TOM bei der VG Wort registrieren. Wann man selber etwas leisten muss, kann ich allerdings nicht sagen.

    lG
    Stephan

  3. Avatar
    Markus Pflugbeil says:

    Zunächst zeigt dieser Fall ja wieder mal nur eines: Dass es nämlich schwer bis unmöglich ist, mit Gesetzen und einer Rechtsprechung aus der Holzära, den digitalen, v.a. sozialen Medien, beikommen zu wollen.

    Ich verweise dazu auf Bayerisches Pressegesetz (BayPrG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 2000

    Art. 6

    (1) Druckwerke im Sinn dieses Gesetzes sind alle mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung in der Öffentlichkeit bestimmten Schriften, bildlichen Darstellungen mit und ohne Schrift und Musikalien mit Text oder Erläuterungen.

    (2) Periodische Druckwerke sind Druckwerke, die in Zwischenräumen von höchstens sechs Monaten erscheinen.

    (3) 1 Zeitungen und Zeitschriften im Sinn dieses Gesetzes sind periodische Druckwerke, deren Auflage 500 Stück übersteigt. 2 Periodische Druckwerke, deren Auflage 500 Stück nicht übersteigt, gelten als Zeitungen und Zeitschriften nur dann, wenn ihr Bezug nicht an einen bestimmten Personenkreis gebunden ist.

    Das trifft doch einen (bayerischen) Blogger gar nicht, da er ja hier technisch gesehen gar nicht gemeint sein kann, nach den Buchstaben des (bayerischen) Gesetzes.

    Deshalb hier ein Vorschlag, wie sich die von Michael Kausch ins Gespräch gebrachte „Zertifizierung“ als „Medien-Blog“ vermeiden ließe:

    Vielleicht müssen wir hier auch mit den Lehren aus der Vergangenheit aufräumen: Sicher war es gut, nach 1945 den Zugang zum Journalismus nicht durch ein Standesrecht und Standesorganisationen zu beschränken, die nach der Machtübernahme Hitlers der Gleichschaltung gedient haben. Fraglich ist jedoch, wie in sovielen Bereichen der Bundesrepublik, ob das noch zeitgemäß ist (ähnlich wie der extreme Förderalismus).

    Auf den aktuellen Fall bezogen: Will man dem Koch, der alle zwei Wochen regelmäßig ein Kochrezept in seinem Blog postet, plötzlich dem „Presse“recht unterwerfen? Oder wäre es nicht vielmehr denkbar, das „Presse“recht wieder an Personen mit der entsprechenden Ausbildung zu knüpfen? Wer also eine staatlich anerkannte Journalistenausbildung erfolgreich absolviert hat und in welcher Form auch immer veröffentlicht, unterläge damit immer auch den Pflichten, die damit verbunden sind (wie z.B. in Italien). Gleichzeitig würden für ihn aber auch alle Rechte des Journalisten gelten, unabhängig davon, ob er bei einem gewerblich organisierten Medium arbeitet oder nicht. Der Koch wäre damit juristisch weiterhin als Privatperson zu behandeln, der Journalist eben als Journalist…

    Wir wir ja täglich sehen, schützt uns das so hehre Presserecht ja auch nicht vor schlechten Presseprodukten. Warum also nicht den einzelnen, der ja das soziale an den sozialen Medien ausmacht, stärker in den Mittelpunkt rücken und damit auf die Weise den Journalismus im Netz fördern, schützen und ggf. in Schranken verweisen…

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