Mit Twitter kommt man nicht an die Macht und mit der Kraft des Blogs wird aus Rüttgers kein deutscher Obama

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Eigentlich bezogen sich die Forscher der Universität Hohenheim ja auf die aktuelle Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Die Ergebnisse ihrer Studie über die Bedeutung des Web 2.0 in politischen Wahlkämpfen ist aber allgemein auf Wahlen in Deutschland übertragbar. Und das Ergebnis ist ernüchternd: Das Internet spielt hierzulande noch kaum eine Rolle bei der Willens- und Entscheidungsbildung. Aus Rüttgers werden auch Blogs und Tweets keinen Ruhrpott-Obama machen. Und dass sich die bayerische SPD wird an die Macht twittern können, ist eher unwahrscheinlich.

Die Ergebnisse der Forscher in der Schnellübersicht:

1. Nur jeder Dritte informiert sich im Internet über den Wahlkampf.

2. Fernsehen und Zeitung sind viel wichtiger, als alle Online-Informationen.

3. Die wichtigsten Online-Quellen sind die Nachrichtenseiten der großen Medien – weit vor sozialen Medien, wie Blogs und Floren.

4. Social Media haben in den USA eine drei mal so große Bedeutung in Wahlkämpfen, wie in Deutschland: „Insgesamt spiele in den USA die Medien interpersonaler Kommunikation eine bedeutendere Rolle. Dies gilt besonders für das Medium „E-Mail“ (65% im Vergleich zu 19% in Deutschland), aber auch für soziale Netzwerke (23% zu 8%) und für Instant Messaging (11,4 % zu 7,1%)“. (Quelle)

5. Bei den Unter-29jährigen schlägt das Internet als Informationsquelle im Wahlkampf immerhin die Zeitung – aber noch nicht das Fernsehen.

6. Die Nutzer in sozialen Onlinemedien verhalten sich weitgehend passiv und sind nur selten zur Diskussion und aktiven Teilnahme zu bewegen.

7. Am ehesten lassen sich politisch desinteressierte Bürger über Online-Wahlkampf gewinnen.

 

Was kann man aus dieser Studie schließen?

Vielleicht, dass die Politik soziale Onlinemedien endlich mal wirklich „begreifen“ sollte. Social Media sind kein Kanal wie das Fernsehen oder die Presse, den man vorne mit mehr oder weniger geistvollem Inhalt befüllt und hinten kommen dann Wählerstimmen raus. Die Parteien sollten das Internet nicht einfach nur als Verbreitungsweg für bunte Bilder mit schlichten Texten nutzen, sondern seine Vielfalt begreifen.

Denn für die politische Kommunikation ist das Internet

– eine gute Möglichkeit den Bürgerinnen und Bürgern zuzuhören. Online-Abstimmungen könnten hier ein Weg sein, sicherlich ein langer und kurvenreicher Weg, denn noch sind nur wenige politisch Interessierte bereit, sich aktiv in sozialen Medien zu engagieren.  Aber es ist ein Weg, dessen Kurven Erfolgskurven sein werden.

– eine Möglichkeit den Bürger an Meinungsbildungsprozessen zu beteiligen. Der Kommunikationswissenschaftler Thilo von Pape, einer der Macher der oben erwähnten Studie, verweist beispielhaft in der Online-Ausgabe des „Freitag“ auf die Piraten-Wiki, die die Piratenpartei als Kristallisationskern ihrer Programmentwicklung nutzt. Freilich macht ein Tool noch kein Programm!

– eine Chance die Kommunikation innerhalb der Parteien zu verbessern. Die meisten Mitglieder bei CDU/CSU und SPD kommen doch gar nicht mehr zu den örtlichen Versammlungen und die publizistische Attraktivität von Vorwärts und Bayernkurier ist – sagen wir es einmal vorsichtig – „begrenzt“.

– keine gute Plattform um sich nur emotional in Online-Seifenopern zu „verkaufen“; Politiker müssen lernen, im Wahlkampf online zu diskutieren, und sich nicht bloß mit Familie und Hund zu „zeigen“. „Online basteln mit einer SPD-Landtagskandidatin“ dürfte für deutsche Internet-User denn doch ein wenig zu platt sein …

– gefährlich, wenn lauten Ankündigungen keine Taten folgen, so wie dies die Linkspartei in NRW mit ihrem Twitter-Account zur Landtagswahl 2010 tat, der gleich nach der Ankündigung im November 2009 erstmal für fünf Monate verweist blieb. Selbst bei der NRW-CDU dauerte der Winterschlaf nur knapp vier Monate …

– in der Tat auch ein relativ preisgünstiger vor allem aber sehr schneller Kanal um politische Inhalte und Stimmungen zu verbreiten. Aber es braucht hier kein verkrampftes Schielen auf die tollen viralen Kampagnen in den USA. Vielleicht wäre es schon mal ein guter Einstieg auf Parteiveranstaltungen mitzufilmen und kleine Videos und schnelle Interviews online zu stellen. Im Crowd Sourcing werden dann schon ein paar tolle Dinge entstehen – ohne euroteure Edel-Berater in Berliner Kampagnenzentralen.

Soziale Medien, Blogs, Twitter, Wikis, YouTube, Flickr, Scribd und Slideshare einfach im alltäglichen Politikbetrieb nutzen – sich mit sozialen Medien auseinandersetzen, so wie das ja auch Unternehmen tun müssen – das wäre ein Programmauftrag für politische Parteien in diesen Tagen. Deshalb glaube ich, dass soziale Medien über die politischen Niederungen Einzug halten werden, über blogende Ortsgruppen und twitternde Gemeinderäte, nicht über deutsche Möchtegern-Obamas! No, they can’t!

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