Kollege Knüwer träumt den Traum vom unabhängigen Blogger und trommelt auf die Journalisten ein

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Einen Aufruf des GPRA-Chefs Alexander Gütler, der dazu auffordert die schwarzen Schafe unter den Bloggern, die Geld von der Industrie nehmen, markig zu branden (oder war es brandzumarken??) nimmt Handelsblatt-Blogger Thomas Knüwer zum Anlass, die kritischen Blogger von den käuflichen klassischen Journalisten abzugrenzen. Knüwer wörtlich:

„Auf Blogger können PR-Agenturen verzichten. Sie machen mehr Arbeit, verlangen individuellere Ansprache und wagen es sogar, kritisch zu schreiben.
Nicht alle: Es gibt käufliche Blogger, keine Frage. Aber jene Zicken, die nicht nach der Pfeife der PR-Leute tanzen sind noch immer häufiger. Häufiger auch als bei Journalisten. Die lassen sich kostengünstig in der Gruppe einladen, die kennt der PR-Mann seit Jahren, und sie meinen auch nicht betonen zu müssen, dass die Wirtschaft ihnen Geschenke unterbreitet hat.“

Zwei ziemlich grundsätzliche Dinge gibt es hier zu sagen:

Zum einen erlebe ich gerade in jüngster Zeit eine deutliche Verschiebung in Bloghausen: Je mehr sich Unternehmen für die Bloggerei als Kommunikationsinstrument interessieren, desto willfähiger werden auch die Einwohner Bloghausens. Immer mehr Blogger lassen sich von Unternehmen anheuern, um in deren Namen sogenannte Corporate Blogs zu „betreuen“. Von authentischer Kommunikation kann dann nicht mehr die Rede sein. Agenturen kommentieren „verdeckt“ Postings im Auftrag ihrer Kunden. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies nicht die richtige Weg für eine intelligente unternehmerische Nutzung des Web 2.0 ist. Ich bin noch immer davon überzeugt, dass es die vornehmste Aufgabe einer PR 2.0-Agentur ist ihre Kunden zur kompetenten Kommunikation im Web 2.0 zu befähigen und nicht diese Kommunikation für die Kunden einfach zu übernehmen. Der augenblickliche Trend sieht freilich anders aus. Aber solange Agenturen ihre Kunden unmündig halten wollen oder die Kunden sich gegen Mündigkeit und Verantwortung wehren, wird sich das auch nicht ändern. Dass eine solche delegierte Kommunikation kein Weg ist, um bei den Kunden Glaubwürdigkeit nachhaltig zu sichern, steht auf einem anderen Blatt.

Zum Zweiten muss zur Ehrenrettung der von Knüfer hier gemaßregelten Journalisten mal gesagt werden, dass es immer seltener die Journalisten sind, die sich „kaufen“ lassen, sondern die Verlage. Es ist erst ein paar Tage her, da schickt mir ein deutscher Fachverleger eine Email mit der schönen Anmerkung: „Die Zeiten für Verlage sind härter geworden. Ich habe deshalb meine Redakteure angewiesen, bei ihrer täglichen Arbeit ein wenig mehr Rücksicht auf die Anzeigenpolitik der Unternehmen zu üben. Solange Ihr Kunde (…) unsere Publikationen nicht in seine Media-Planung aufnimmt, solange darf ich Sie bitten die Mitarbeiter der (…) aus Ihrem Verteiler zu nehmen. …“ Tatsache ist, dass in vielen Branchen heute zahlreiche Fachverlage vor dem „Aus“ stehen. Die deutschen IT-Verlage haben in den vergangenen drei Jahren rund die Hälfte ihres Redaktionsvolumens verloren. Die andere Hälfte wird meistbietend versteigert. An „käuflichen“ Journalisten liegt dies zu allerletzt! And by the way: an PR-Agenturen schon gleich gar nicht.

Mir macht mein Job wirklich nur solange Spaß, wie es die „Zicken“ gibt, von denen Knüwer spricht. Und zwar unter den Journalisten ebenso, wie unter den Bloggern. Eine intelligente Zicke „rumzukriegen“ ist doch viel herausfordernder als die Bedienung des „Hurenjournalismus“. Und das klingt jetzt wirklich viel chauvinistischer, als es gemeint ist …

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