Ein Abend mit Uwe Knaus vom Daimler-Blog

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Ich war gespannt, Uwe Knaus, den Initiator des vielzierten "Daimler-Blogs", wieder einmal zu hören und nutzte die Chance auf Einladung der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) in München bei seinem Auftritt im 13. Stock der Mercedes-Benz Niederlassung dabei zu sein. Während ich am 16. Oktober 2008 beim Social Media Breakfast in München noch minutiös handschriftlich mitnotierte (und später ebenfalls bloggte), hab ich diesmal nur getwittert (@MarkusPfl). Demzufolge will ich jetzt versuchen, aus dem Gedächtnis wiederzugeben, was mir noch hängengeblieben ist – der Rest findet sich in der Slideshare-Präsentation, die Knaus freundlicherweise mittlerweile online gestellt hat (siehe Textende Zwinkerndes Smiley)

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In Kürze: Uwe Knaus präsentiert sich trotz seiner Popularität als Missionar für Corporate Blogs erfreulich unverändert: Überzeugt, von dem was er tut, bringt er seinem Publikum, in dem Fall rund 60 DPRG-Mitgliedern, Social Media in seiner engagierten, schwäbisch-sympathischen Art Nahe.

Inhaltlich hat sich an dem Konzept des Daimler-Blogs wenig geändert, es soll weiterhin die "Black Box Daimler" transparent machen. Und dafür setzt Knaus weiterhin auf die Mitarbeiter als die glaubwürdigsten Markenbotschafter, die ein Unternehmen einsetzen kann. A propos Marke: Der/die/das Daimler-Blog sowie, wenn ich das richtig verstanden habe, die gesamte Konzernkommunikation blendet die Automobil-Marken (Mercedes, Smart, Maybach usw.) des Konzerns aus: “Daimler gibt mir nur einen Arbeitsvertrag und hat Aktien.”

Im Folgenden finden sich ein paar Notizen zu den angsprochenen Punkten, die in der Präsentation, siehe unten, genauer ausgeführt sind und kurze Stichworte zur abschließenden Diskussion.

Die Kommunikation für die Automobil-Marken und andere Aktivitäten des Konzerns erfolgt jeweils eigenständig. Das sieht man bei Daimler beispielsweise daran, dass der Daimler Konzern sich bei seinem Facebook-Auftritt auf das Recruiting beschränkt, die Automobil-Marken aber dort sehr wohl präsent sind. Interessant am Rande: Mercedes hat rund 4,2 Millionen-Fans mit einem Aktivitäts-Index von nur 1,5% (60.000 aktive Liker), deshalb fragt sich Knaus, was er bei dem Aktivitäts-Niveau für Daimler auf Facebook überhaupt erreichen könne.

Anders sieht es aus, wenn es um Blogger geht, sie werden von Knaus wie Journalisten behandelt. Das heißt werden eingeladen und erhalten exklusiven Zugang zu Informationen und bei Events. Allerdings erst, nachdem Knaus sie qualifiziert hat und eine nachhaltige Beziehung zu ihnen aufgebaut hat.

Für die Krisenkommunikation ist für ihn neben einem kontinuierlichen Monitoring wichtig, zu entscheiden, wann man bei einer Krise aktiv werden muss: bloß nicht zu früh, um eine Krise nicht zu befeuern – die möglicherweise gar keine geworden wäre. Dabei beruft er sich auf sein Gefühl. In wenigen Fällen erfolgt dabei sogar die Veröffentlichung eines Blog-Posts abgestimmt mit der Pressemitteilung der Unternehmenskommunikation, aber nur in seltenen Fällen beziehen sich die Veröffentlichungen aufeinander.

Beim Monitoring verweist Knaus auf die bekannten Tools, die frei verfügbar im Web sind – laut seiner Aussage kommt für den Daimler-Blog zumindest kein teures Profi-Werkzeug zum Einsatz.

Interessant die Tatsache, dass sich die Verweildauer der Blog-Leser nach einer Änderung des Layouts deutlich verlängert hat. Im Schnitt ist jetzt jeder Leser über siebeneinhalb Minuten auf dem Blog. Insbesondere funktionieren hier die Verweise “wer das gelesen hat, hat auch jenes gelesen”, “meist gelesen” und “letzte Kommentare” um Besucher zum Weiterschmökern zu animieren.

Überhaupt die Kommentare: sie seien das, was Journalisten am meisten interessieren würde, sagt er und verweist dazu auf eine noch unveröffentlichte Studie, die Daimler gemeinsam mit Thomas Pleil durchgeführt hat.

Zur effizienten Nutzung des Contents und schnellen Verbreitung nutzt Daimler auch die Funktionen der automatischen Content-Verteilung via RSS und schreckt auch nicht davor zurück, eine kostenlosen Posterous-Account anzulegen, wenn das schneller und einfacher geht. Zumindest investiert er aber dann noch Zeit, das Posterous-Blog in CI-konformes Layout zu bringen. Der Austausch der Inhalte über verschiedene Nutzer hinweg erfolgt dabei über mündliche Abstimmung. Definierte Prozesse dazu gebe es nicht.

Blick vom 13. Stock der Mercedes-Niederlassung MünchenNach rund zwei Dritteln des geplanten Vortrags ging die Frontalpräsentation in eine Diskussion über. Als Basis nutzte Knaus mehrere Beispiele (siehe Präsentation). Im Laufe der Diskussion wurden noch folgende Themen angesprochen:

Fragen nach dem messbaren Erfolg beantwortete Knaus nicht mit Zahlen, sondern mit dem Verweis darauf, "in den Köpfen ankommen" zu wollen. Was dort aber passiert, dass könne er nicht wissen. Letztendlich verglich er die Aktivität mit den von Bobby-Cars im Design der jeweiligen Automobilmarke: es könne schließlich alle Käufer werden.

Knaus wies eindringlich darauf hin, dass bei einem Blog die Bedeutung für die interne Kommunikation nicht unterschätzt werden dürfe. Da alles im Blog intern und extern sei, wird er damit auch zum Spiegel für die Firmenkultur, dies beweisen auch zahlreiche Kommentare der Mitarbeiter bei bestimmten Themen.

Zur Frage der Sensibilität der Mitarbeiter bei der externen Kommunikation sagte Knaus, dass sie wesentlich vorsichtig er seien, als man denke, wenn es ans bloggen geht. Er hatte bisher keine Probleme mit vertraulichen Themen. Generell weist er erneut darauf hin, dass sich aus dem Arbeitsvertrag und den folgenden Loyalitätsverpflichtungen eigentlich alles ergebe, weshalb die Blogging Guidelines bei Daimler auch nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags seien. Das größere Problem sei es, die Mitarbeiter zum Bloggen zu bewegen. Er verwies dazu auf den Telekom-Blog, der von einem internen Blog-Team bestückt werde.

Auf die Frage, ob Vorstände twittern müssen, antwortete er, dass das wenig glaubwürdig wirke, denn jeder, der nur einigermaßen den Tagesablauf eines Vorstands kenne, wisse, dass dieser nicht selbst Zeit habe zu twittern.

Zum Schluss ging er auf Wunsch des Publikums noch auf das neue Online-Spiel fliplife ein, auf dass er sich selbst als “Nichtspieler” eingelassen habe, um es auszuprobieren und nannte dazu eindrucksvolle Zahlen nach den ersten Wochen Daimler-Präsenz auf fliplife (siehe Präsentation).

Zum Schluss

Während Knaus vor drei Jahren beim Social Web Breakfast das (zugegeben sehr Social Media affine) Publikum faszinierte und wohl die meisten ihm seine "Spielwiese" neideten, waren bei der DPRG diesmal viele skeptische Gesichter zu sehen. Im Vergleich zu klassischen PR-Prozessen erschreckte wohl die spontane Vorgehensweise, der schnelle Wechsel und die Verknüpfung unterschiedlicher Web-Plattformen. Die offene Form der internen Zusammenarbeit trieb so manchem PR-Verantwortlichem und -Youngster sichtbar die Sorgenfalten auf die Stirn. Aber was Uwe Knaus mit seinem Vortrag wieder deutlich machte: Die PR-Welt verändert sich und damit müssen sich auch die PRler auseinandersetzen. Der deutliche Rat, wenn auch schwäbisch-zurückhaltend durch die Blume zwischen den Zeilen: selbst ausprobieren, denn wer nicht drin ist, kann auch nicht mitreden!

Danke für den interessanten Abend und hier nun die Präsentation:

Das Daimler-Blog und die Social Media Arbeit bei Daimler

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.slideshare.net zu laden.

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4 Kommentare
  1. Avatar
    Uwe Knaus says:

    Wie auch letztes Mal ein sehr gutes Protokoll. Vielen Dank dafür!
    Kurz und ebenfalls aus dem Gedächtnis ein paar Anmerkungen, der Vollstädigkeit halber:
    1. „…die gesamte Konzernkommunikation blendet die Automobil-Marken (Mercedes, Smart, Maybach usw.) des Konzerns aus: “Daimler gibt mir nur einen Arbeitsvertrag und hat Aktien.““:
    Möglicherweise habe ich einen Satz unvollendet gelassen und bin zu schnell zum nächsten Gedanken gesprungen. Wir blenden auf dem Blog die Marken gerade nicht aus, sondern versuchen die gesamte Vielfalt zu zeigen. Es stimmt allerdings, dass die „Marke“ Daimler lediglich auf Arbeitsvertrag und Aktie auftaucht. Deshalb haben wir (die Unternehmenskommunikation) uns entschieden, mit dieser großen Dachmarke nicht auf Facebook, oder G+ aktiv zu sein.
    2. Blogger-Relations:
    Die Auswahl der Blogger und der Beziehungsaufbau zu ihnen erfolgt nicht durch mich, sondern durch Kollegen aus der Nachbarabteilung. Und die machen einen tollen Job. Soweit mir bekannt ist, sind wir auch in dieser Hinsicht eines der ersten Unternehmen aus dem DAX, das die Relevanz von Bloggern erkannt hat und ihre Öffentlichkeitsarbeit danach ausrichtet.
    3. Krisenreaktion:
    Das Gefühl für eine Reaktion auf unangenehme Themen (Krisenkommunikation) wird natürlich aus einer Beobachtung des Social Webs mit unterschiedlichen Tools gespeist. Was dann tatsächlich auch ein wenig Bauchgefühl ist, ist das „ob und wann“ des Einschreitens. Man kann eben den weiteren Verlauf einer Krise nur grob einschätzen.

  2. Avatar
    Freddy Staudt says:

    Spannend, ich wünschte, mehr Unternehmen würden so offen und gleichzeitig konzentriert und ernst die Herausforderungen und Chancen der sozialen Medien annehmen. Ich bin mir sicher, dass Daimler damit auch für die nächsten Shitstorms seine Social-Media-Lobby bestens organisiert hat und wie ein Fels in der Brandung steht. Da kann man nur gratulieren.

  3. Avatar
    Michael Kausch says:

    Wenn alle Social Media Manager in Deutschland auf dem Kenntnis- und Erfahrungsstand von Uwe Knaus wären, dann hätten wir Berater deutlich weniger zu tun 😉 aber erheblich mehr Spaß auf Google+, Facebook und in Bloghausen. Besonders ein Punkt aber scheint mir hervorhebenswert: der Hinweis darauf, dass professionelles Krisenmanagement in sozialen Medien eben keinem Automatismus folgen kann, sondern wie die gute alte Krisen-PR auch dem PR-Mann und der PR-Frau Fingerspitzengefühl und einige Erfahrung abverlangt. Manchmal verpufft der befürchtete Shitstorm eben doch als leichte Blähung. Natürlich gibt es ein Regelwerk, das vom Monitoring über die Qualifizierung und Profilierung der Meinungsführer und Kanäle bis zur kanalspezifischen Reaktion reicht. Aber letztlich erfordert das Bespielen dieser Instrumente genau die Qualifikationen, die gute PR-Leute immer schon ausgezeichnet haben. Unter anderem deshalb gehört das Social Media Marketing ja auch in die PR.

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